Achtsamkeit. Wenn ich das schon höre…

Ja, in der Tat ist der Begriff Achtsamkeit seit einiger Zeit in aller Munde und auch in den Medien absolut trendy. Fast zu trendy. Überall wird Achtsamkeit als wohltuend propagiert und in den Medien als etwas, was man sich einfach mal zwischen durch gönnen sollte. Wenn auch du so denkst, dass du mit ein paar Übungen für gestresste Manager oder berufstätige Mütter alles wieder ins Gleichgewicht bringst, falsch gedacht.

Achtsamkeit ist etwas, was uns gut tut und heilt, daher macht es schon Sinn achtsamer und bewusster die Dinge, die wir eher tun, auch so zu machen. Allerdings ist Achtsamkeit weder das Allheilmittel gegen Burn-Out noch eine unbedeutende, vorübergehende Modeerscheinung. Und mit der wiederholten Aufforderung allein, achtsam im Hier und Jetzt zu sein, hören die meisten auf, weil sie gar nicht wissen, was überhaupt das Hier und das Jetzt ist. Nur wenn wir wirklich verstehen, was Achtsamkeit bedeutet, und wissen, wie wir sie praktizieren, können wir die wohltuende Wirkung erfahren und mit ein wenig Übung dauerhaft in unseren Alltag integrieren.

Achtsamkeit ist kein schnelllebiger Hype.

Achtsamkeit ist eine jahrtausendealte Methode, die ursprünglich von buddhistischen Mönchen entwickelt wurde und bedeutet so viel wie „die Dinge so sehen, wie sie wirklich sind“. Das Ziel von Achtsamkeit ist, sich nur in diesem Augenblick zu befinden und jegliche Gedanken loszulassen, die sich aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammensetzen. Die Gehirnzentrale, die für das ego-konzentrierte geistige Bla-bla-bla zuständig ist, verstummt. Der Geist und der Körper entspannen und in dieser Ruhe kann der Organismus Stress, Ängste, Verspannungen und unbewusste Blockaden abbauen. Sofern diese Art der Entschleunigung und Reinigung regelmäßig geschieht, führt sie zu einer nachhaltigen Verbesserung des Wohlbefindens.

Das klingt doch ziemlich gut, oder? Aber wie setzt man das konkret um? Um diesen Augenblick mit allen seinen Facetten wahrzunehmen, lenke deine Aufmerksamkeit bewusst auf das, was du mit deinen Sinnen wahrnimmst: entweder auf deine Umgebung in der Außenwelt oder nach innen auf deine Körperempfindungen sowie auf deine Gefühle und Gedanken. Wie ein unbeteiligter, aber interessierter Zeuge beobachte quasi bewertungsfrei, was du wahrnimmst, als würdest du selbst nicht Teil der Situation.

Im Sinne von Sokrates Aufforderung „Erkenne dich selbst, so erkennst du die Welt!“ ist die Fähigkeit, den eigenen Körper und Geist zu beobachten, entscheidend für das Verständnis unserer selbst. Nur wenn wir uns selbst erkennen, können wir gezielt und selbstbestimmt Einfluss auf unser Lebens nehmen.

Achtsam im Alltag, geht das?

Ob man es überhaupt schafft, Achtsamkeit tatsächlich zu leben, hängt zum einen vom regelmäßigen Üben ab. Zum anderen aber auch von der tatsächlichen Situation, in der wir uns befinden. Wenn du in der Karibik am Strand liegst, fällt es dir bestimmt leicht, die wunderschöne Umgebung wahrzunehmen und den Augenblick zu genießen. Da kommen auch keine Stress machende Gedanken in deinen Kopf, weil die Natur so motivierend ist, dass für negative Energie gar kein Platz ist. Die große Kunst besteht darin, Achtsamkeit genau dann zu praktizieren, wenn dich Stress, Hektik und Anspannung runterziehen wollen. Die meiste Zeit ist unser Leben so eng getaktet, dass wir kaum zum Durchatmen kommen. Durch diese Hektik verlernen wir, unsere eigenen Bedürfnisse und Gefühle wahrzunehmen. Darüber hinaus fehlt uns oft die Geduld. Einfach mal inne zu halten und nichts weiter zu tun als durchzuatmen, macht uns unsicher und nervös. Wir planen, hecheln vom Termin zum Termin, wollen keine Zeit verlieren, wollen auf nichts verzichten, nirgendwo auf irgendetwas warten und durch Multitasking so effizient wie möglich sein. Klingt so, als wäre Achtsamkeit ein Albtraum für jeden Kontroll- und Terminfreak.

In der Achtsamkeitspraxis soll das genaue Gegenteil passieren: Wir nehmen einfach den Augenblick ohne jegliche Bewertung wahr. Das mit dem Bewerten ist für viele wirklich so eine Sache, aber prüfe am besten selbst, ob du es schaffst einfach nur der Beobachter zu sein, oder du doch positiv oder negativ bewertest. Wir wollen häufig die Kontrolle behalten, weil uns diese eine vermeintliche Sicherheit vermittelt. Sie beraubt uns aber der Möglichkeiten, die dieser Augenblick für uns bereithält. Wenn wir zu kontrollieren versuchen, laufen wir mit Scheuklappen durch das Leben und sind nicht offen für einen anderen Ausgang als den, den wir vorher festgelegt haben.

Entwickle dein eigenes Ritual!

Achtsamkeit kann natürlich auch eine Meditation sein, bei der man still auf dem Kissen sitzt. Aber vielmehr noch ist es eine Alltagspraxis der kleinen, bewusst erlebten und zelebrierten Momente. Die Möglichkeiten, Achtsamkeit im Alltag zu praktizieren, sind unerschöpflich. Mein Körper ist mittlerweile schon so konditioniert, dass ich beim Zubereiten meines Tees automatisch in einen Entspannungszustand komme. Durch kleine liebevolle Rituale können wir eine Art mentalen Anker werfen und an einer Stelle anlegen, an der Ruhe einkehrt. Entwickle am besten dein eigenes Ritual, das zu dir passt und dir persönlich gut tut.

Vielleicht denkst du jetzt: Warum soll ich denn für mich allein so viel Aufwand betreiben? Ganz einfach: weil du es dir wert bist und dadurch dein Leben lebenswert.

Zum Schluss kannst du gerne eine einfache Achtsamkeitsübung ausprobieren.

Übung: Achtsames Atmen

  1. Setz dich bequem hin und schließe diene Augen. Atme zunächst ohne eine bestimmte Atemtechnik. Folge deinem Atem gedanklich und beobachte einfach einige Minuten, wie du atmest. Durch die Nase oder den Mund? Flach oder schnell, tief, langsam oder aufgeregt? Wie ist die Stimmungslage? Bist du ruhig oder aufgeregt?
  2. Atme nun bewusst durch die Nase tief in deinen Unterbauch ein und aus. Wenn du im Verlauf der Übung merkst, dass du flach atmest, korrigiere dich. Atme wieder langsam und tief in den Bauch hinein und versorge auf diese Art und Weise jede Körperzelle mit lebenswichtigem Sauerstoff. Beobachte, wie die Luft beim Einatmen durch die Nase vorgewärmt wird und wie sich dein Bauch beim Einatmen ausdehnt.
  3. Überprüfe nun, ob Teile deines Körpers noch angespannt sind. Wenn ja, versuche mehr loszulassen. Stell dir beim Ausatmen vor, dass du alles, was dich vielleicht gerade belastet, mit dem Ausatmen loslässt.
  4. Beobachte, ob dein Atem ruhiger wird. Wenn du merkst, dass deine Gedanken abdriften, lenke wieder deine Aufmerksamkeit bewusst auf deinen Atem zurück.
  5. Reflektiere danach, was du empfunden hast. Was hast du wahrgenommen. Warst du gedanklich eher in der Außenwelt oder bei sich selbst und beim Atem? War es für dich leicht, sich auf den Atem zu fokussieren, oder haben sich deine Gedanken verselbstständigt? Hat dich diese Übung entspannt, oder warst du ungeduldig?

Gib nicht auf – Übung macht den Meister!

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